HIV-Medizin in der Dermatologie und Venerologie

J Dtsch Dermatol Ges. 2021 Jan;19(1):82-97. doi: 10.1111/ddg.14373_g.
[Article in German]

Abstract

Durch die antiretrovirale Kombinationstherapie (ART) konnten Mortalität und Morbidität der HIV-Infektion drastisch gesenkt und die Lebenserwartung von Menschen, die mit einer HIV-Infektion leben (people living with HIV; PLWH), erheblich verbessert werden. Effektiv behandelte HIV-Infizierte (HIV+ ) gelten heute als nicht mehr ansteckend. Als Standardtherapie werden meist Eintabletten-Regimes (STR, single tablet regimen) verordnet. Seit 2015 nimmt die Zahl der HIV-Neudiagnosen in Deutschland laut Robert Koch-Institut leicht ab, jedoch bleibt der Anteil der Late Presenter (Erstdiagnose in fortgeschrittenen Stadien der Infektion) seit 2005 mit rund 32 % konstant hoch. Bei 10.800 PLWH wurde in Deutschland deren HIV-Infektion noch nicht diagnostiziert. Im Vergleich zur Normalbevölkerung leiden HIV+ häufiger unter Dermatosen. Abhängig vom Stadium der Immundefizienz treten im Verlauf einer unbehandelten HIV-Infektion typische Markererkrankungen an Haut und Schleimhäuten auf. Diese zu (er)kennen und Betroffenen einen HIV-Test anzubieten ermöglicht eine frühere Diagnose bisher unerkannter HIV-Infektionen. Durch die frühe Einleitung einer effektiven ART können die Weiterverbreitung von HIV verhindert und die mit Spätdiagnosen verbundenen höheren Sterblichkeitsraten und Behandlungskosten reduziert werden. HIV wird überwiegend sexuell übertragen. Durch eine gezielte Sexualanamnese sowie Diagnosen von HIV-Markererkrankungen und sexuell übertragbaren Infektionen (STI) können gerade Dermatovenerologen PLWH und Personen mit erhöhtem HIV-Infektionsrisiko identifizieren, um erstere einer zeitnahen Einleitung der ART zuzuführen und letztere über eine Präexpositionsprophylaxe (PrEP) aufzuklären.