[On the state of intersectoral treatment in otolaryngology in Germany - Results of a survey]

Laryngorhinootologie. 2023 Apr;102(4):282-290. doi: 10.1055/a-2023-6229. Epub 2023 Apr 11.
[Article in German]

Abstract

Background: The German Healthcare System is currently subject of significant structural changes. Due to politic influences it is obvious that more and more even complex diagnostic and therapeutic procedures will be performed in an office setting or as day treatments. This is due to the high rate of hospital treatments in Germany compared to other OECD countries. A revision of the healthcare system will include both, ambulatory and hospital treatments, which will only be possible with some new structures for this "intersectoral" treatment. Currently there are no data available on the status, possibilities and structure of the "intersectoral" treatment in ENT in Germany.

Methods: To get an overview on the possibilities for an "intersectoral" treatment in ENT in Germany a survey was conducted. Each chariman of an ENT clinic/Department and all ENT specialists in private practice were contacted and got a questionnaire. The evaluation was performed differently for chairmen of an ENT department, ENT specialists in private practice without and with a ward for inpatients in hospitals.

Results: 4,548 questionnaires were mailed. Out of them 493 were filled and came back (10.8%). The return rate in the group of ENT Department chairmen was with 52.9% even higher. "Intersectoral" for physicians in hospitals means that they are usually working with a personal authorization by the local Association of Statutory Health Insurance Physicians, ENT specialists in private practice usually with a ward for inpatient authorization in a hospital. Appropriate structures for an intersectoral organization of patients´s treatment are currently missing. Both, ENT Department chairmen and ENT specialists in private practice declared the current remuneration system for ambulatory and day surgery as completely inaedequate and is urgently to be revised. Beside this, ENT Department chairmen declared problems with the emergency care of patients with complications operated on outside the hospital, problems with the continuing education of residents and with information transfer. They request that hospital specialists should be allowed to work in the contractual medical care of outpatients without a restriction. ENT specialists in private practice mentioned positively the good cooperation possibilities with hospital physicians, knowledge sharing, and wide ranges of indications in the ENT Departments. Negative points could be possible worse information sharing when there is no distinct contact person in the ENT Departments, a possible competitive situation between ENT Departments and specialists in private practice, and sometimes long waiting times for the patients.

Discussion: The German health care system is currently facing a radical reform with the overcoming of traditional rigid and inflexible sectors in outpatient care and inpatient hospital care. To achieve this, the intersectoral patient treatment should play the key role. "Intersectoral" means that the whole process of patient care from diagnosis to therapy is closely interlinked and can also be managed by the same physicians, no matter whether they are working as spcialists in an ENT-Department in a hospital or in private practice. However, currently there are no appropriate structures available to achieve this goal. Beside creating structural conditions for intersectoral treatment the current remuneration system for outpatient procedures and dayclinic treatments must be renewed in a way to cover all the costs. Further conditions are the development of good cooperation models between ENT Departments and specialists in private practice, and the possibility for hospital ENT physicians to work in the contractual medical care of outpatients without a restriction. Intersectoral patient care must take the quality management, the continuing education of residents and the patient safety under consideration.

Hintergrund: Das Gesundheitswesen in Deutschland steht vor einem Umbruch. Die politisch gewollte Ambulantisierung wird dazu führen, dass zunehmend auch komplexere Prozeduren ambulant erbracht werden. Vor dem Hintergrund der derzeit in Deutschland überdurchschnittlich vielen vollstationären Behandlungen wird dies eine Neuorientierung des Gesundheitswesens zur Folge haben, in die sowohl der stationäre Sektor als auch der derzeit ambulante Sektor einbezogen sind. Die gewollte Überwindung der starren Sektorengrenzen setzt Strukturen voraus, mit denen sektorübergreifende Behandlungen in großem Stil möglich sind. Über den derzeitigen Status einer solchen oftmals als „intersektoral“ bezeichneten Behandlung in der HNO-Heilkunde in Deutschland existieren keine Daten.

Material und methoden: Es wurde eine Umfrage unter den Chefärzten und Ordinarien, die Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie sind und von denen eine E-Mail-Adresse vorlag, sowie den niedergelassenen Mitgliedern des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte durchgeführt. Übersandt wurde ein strukturierter Fragebogen. Die Auswertung erfolgte getrennt für Klinikärzte, niedergelassene Ärzte mit und niedergelassene Ärzte ohne Belegabteilung.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 4548 Fragebögen versandt. Die Rücklaufquote lag bei 493 Bögen (10,8%), wobei die Rücklaufquote seitens der angeschriebenen 170 Klinikleiter mit 52,9% sehr hoch lag. Sektorübergreifend sind die Klinikärzte derzeit in der Regel über eine persönliche Ermächtigung der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung tätig, die niedergelassenen Ärzte im Rahmen des Belegarztwesens. Organisierte Strukturen für eine sektorübergreifende Behandlung von Patienten sind derzeit nicht existent. Als größtes Problem und Hindernis für eine stärkere Ambulantisierung und sektorübergreifende Behandlung wurde sowohl seitens der Klinikärzte als auch seitens der niedergelassenen Ärzte das derzeit völlig unzureichende und dringend reformbedürftige Vergütungssystem angesehen. Weder EBM noch das DRG-System sind in der Lage, ambulante oder tagesklinische Behandlungen auskömmlich zu finanzieren und abzubilden. Daneben wurden seitens der Klinikärzte Probleme mit der Notfallversorgung von Patienten nach Komplikationen, der Weiterbildung von Assistenzärzten und dem Informationsaustausch angegeben. Es wird gefordert, Fachärzte aus Kliniken auch für die ambulante Versorgung zuzulassen. Seitens der niedergelassenen Ärzte werden als positive Merkmale eine gute Kooperation mit der jeweiligen Klinik, der Informations- und Erfahrungsaustausch, das breite Indikationsspektrum, das Vorhalten der Klinikstruktur auch für die Notfall- und Komplikationsbehandlung sowie die in der Regel gute Möglichkeit des kollegialen Austausches genannt. Als negative Punkte werden u.a. die mangelnde Informationsübermittlung, wenn keine festen Ansprechpartner vorhanden sind, die mögliche Konkurrenzsituation zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken und lange Wartezeiten für Patienten angegeben.

Diskussion: Der „intersektoralen“ Behandlung kommt im Rahmen der Patientenversorgung beim Umbau des Gesundheitswesens eine Schlüsselrolle zu. Die Umfrage hat ergeben, dass die intersektorale Behandlung in der HNO-Medizin in Deutschland derzeit nur eine untergeordnete Rolle spielt und nur ansatzweise durchgeführt wird. Intersektoral bedeutet hierbei eine Überwindung der starren Sektorgrenzen stationär vs. ambulant, sodass der gesamte Behandlungsprozess des Patienten von der Diagnostik bis zur Nachsorge verzahnt erfolgt und auch von den gleichen Ärzten durchgeführt werden kann. Neben der Schaffung von strukturellen Voraussetzungen für die Durchführung einer intersektoralen Behandlung steht die Schaffung einer auskömmlichen Vergütungsstruktur für die ambulanten und tagesstationären Eingriffe und Prozeduren im Vordergrund. Weder EBM noch das derzeitige DRG-System sind hierbei geeignet. Eine Möglichkeit kostendeckender Refinanzierung kann sich unter Nutzung von Hybrid-DRGs ergeben, über deren Implementierung im Rahmen eines neu zu schaffenden § 115f SGB V derzeit verhandelt wird. Weitere Voraussetzungen sind Kooperationen zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern, und umgekehrt muss es auch für Fachärzte in Krankenhäusern möglich sein, ambulante Behandlungen zu erbringen. Schließlich darf eine intersektorale Behandlung nicht zulasten des Qualitätsmanagements, der Weiterbildung von Assistenzärzten und der Patientensicherheit gehen.

Publication types

  • English Abstract

MeSH terms

  • Ambulatory Care
  • Ambulatory Care Facilities
  • Delivery of Health Care
  • Humans
  • Otolaryngology*
  • Surveys and Questionnaires